PRA, Hintergründe und Diagnose
Verbreitung
Generalisierte
progressive Retina Atrophie (gPRA) ist eine vererbte Augenerkrankung bei Hunden.
Dieses kontinuierlich fortschreitende Augenleiden führt im Endstadium immer zur
Blindheit. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die Erkrankung erstmals in
Europa bei den Gordon Settern beschrieben und ist heute in vielen Hunderassen
für die Züchter ein großes Problem.
gPRA ist eine Erkrankung der Netzhaut (Retina). Dieses Gewebe befindet sich auf
der Innenseite des hinteren Augapfels und enthält die Sehsinneszellen
(Stäbchen und Zapfen). Diese sog. Photorezeptorzellen absorbieren das durch die
Augenlinse gebündelte Licht und verwandeln es durch eine Reihe von chemischen
Reaktionen in elektrische Nervensignale. Die Signale der verschiedenen
Nervenzellen der Retina werden dann über den Sehnerv zum Gehirn weitergeleitet
und dort zu einem wahrnehmbaren Bild verarbeitet. Die Stäbchen sind
spezialisiert auf die Signalaufnahme im Dämmerlicht. Die Zapfen dagegen sind
zuständig für die Verarbeitung des Tageslichts und für das Farbensehen. Bei
der gPRA gehen gewöhnlich zuerst die Stäbchen zugrunde und im späteren
Stadium der Erkrankung auch die Zapfen. Beim Menschen gibt es ein der gPRA
gleichartiges Erkrankungsbild, die sog. Retinitis
Pigmentosa (RP).
Krankheitssymptome
In allen Hunderassen werden
die gleichen Krankheitsmerkmale beobachtet. Im Anfang der Erkrankung ist bei
betroffenen Hunden Nachtblindheit und der Verlust der Anpassung des
Sehvermögens an das Dämmerlicht erkennbar. Nach und nach zeigen sich
Seheinschränkungen auch bei Tageslicht. Dies ist bei den Hunden am unsicheren
Verhalten in der normalen Umwelt erkennbar. Zur gleichen Zeit kommt es zur
Erweiterung der Pupillen, verursacht durch eine verstärkte Lichtreflexion der
reduzierten Retina im Innern der Augen. Oft verändert sich zusätzlich die
Augenlinse, sie trübt ein und wird undurchsichtig. Es entsteht somit ein
Katarakt.
Krankheitsbeginn
Es gibt verschiedene Formen
der gPRA. Sie unterscheiden sich in den einzelnen Rassen durch den
differierenden Krankheitsbeginn und durch die Progressionsrate (Krankheitsdauer
von Krankheitsbeginn bis zur Blindheit). Hunderassen, bei denen ein früher
Erkrankungsbeginn beobachtet wird, sind Collie, irischer Setter, norwegischer
Elchhund und Zwergschnauzer. In diesen Hunderassen wird die Erkrankung durch
veränderte oder gehemmte Entwicklung der Sehzellen in der Netzhaut verursacht.
Ein späterer Krankheitsbeginn zeigt sich bei den Zwergpudeln, den englischen
und amerikanischen Cocker Spanieln und den Labrador Retrievern.
gPRA-Anlageträgern dieser Rassen sieht man in ihrer frühen Entwicklung die
Erkrankung nicht an. Sie sind noch frei von Symptomen. Die Erkrankung entwickelt
sich bei diesen Hunden erst nach der Fortpflanzungsreife.
Diagnose
Die Diagnose "gPRA"
wird durch eine augenärztliche Untersuchung gestellt. Ein Tierarzt erweitert
den Hunden mit Augentropfen die Pupillen und untersucht mit einem
augenärztlichen Instrument, dem indirekten Ophthalmoskop, die Netzhaut. Bei
verschiedenen Formen der gPRA findet der Tierarzt die folgenden
ophthalmologischen Veränderungen:
erhöhte Reflexion des Fundus (die Innenseite des Augenhintergrundes, der Netzhaut anliegend), |
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verminderte Durchmesser und
Verzweigungen der retinalen Blutgefässe,
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Schrumpfung des sichtbaren
Bereichs des optischen Nervs (nervöse Verbindung der Netzhaut zum Gehirn)
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Der
Krankheitsbeginn ist spezifisch für die verschiedenen Rassen. Wenn ein Hund
diese o.g. Veränderungen zeigt, ist dies ein sicheres Zeichen, daß er in
absehbarer Zeit seine Sehkraft verlieren wird.
Die Diagnose kann noch durch ein
Elektroretinogramm (ERG) bestätigt werden. Hierbei werden die elektrischen
Ströme gemessen, die von der Retina ausgehen, ähnlich dem Elektrokardiogramm
(EKG) zur Untersuchung der Herzfunktion. Es bestehen zwei Unterschiede zum EKG:
Das ERG kann nur die Antwort auf einen Lichtblitz
aufzeichnen, zeigt also nur eine kurze Momentaufnahme der Nervensignale.
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Der Hund muß narkotisiert werden, um eine ganz
genaue Aufzeichnung zu gewährleisten. |
Bei
allen an PRA erkrankten Hunden sind die Signale des ERGs stark verringert oder
ausgelöscht. Das ERG kann für die frühe Diagnose oder spezifische PRA-Formen
angewendet werden. So können PRA-Hunde schon erkannt werden, bevor klinische
Merkmale offensichtlich sind. Wichtig für die genaue Auswertung und
Interpretation der ERG-Muster ist die Kenntnis des Krankheitsbeginns und
-verlaufs in den einzelnen Rassen, um die Veränderungen im ERG den spezifischen
PRA-Dysfunktionen zuordnen zu können. Somit sollten mit den Untersuchungen nur
Tierärzte betraut werden, die sich auf Augenkrankheiten bei Hunden
spezialisiert haben, wie z.B. die Tierärzte des Dortmunder
Ophtalmologen-Kreises (DOK).
Vererbung
Bis auf eine Ausnahme ist die
gPRA in allen Hunderassen nach jetzigem Erkenntnisstand eine autosomal
rezessiv vererbte Erkrankung. Das bedeutet, daß ein erkrankter Welpe
eine defekte Gen-Kopie vom Vater und eine defekte Gen-Kopie von der Mutter
erhalten haben muss, also beide Elternteile eines erkrankten Tieres eine defekte
Gen-Kopie tragen oder selbst an gPRA erkrankt sind. Da erkrankte Hunde zwei
defekte Gen-Kopien besitzen sind alle
Nachkommen eines an gPRA
erkankten Hundes wiederum Träger einer defekten Gen-Kopie.
Den vier gPRA-Formen mit frühem Krankheitsbeginn, rcd1 in irischen Settern, rcd2 in Collis, rcd3 in Cardigan WelshCcorgies, und erd in norwegischen Elchhunden, lassen sich Mutationen in unterschiedlichen Genen zuordnen. In gPRA-Formen, die durch einen späten Krankheitsbeginn gekennzeichnet sind, wie bei den Zwergpudeln, englischen und amerikanischen Cocker Spaniels, Labrador Retrievern, Portugiesischen Wasserhunden und Chesapeak Bay Retrievern, ist wahrscheinlich das gleiche, noch nicht identifizierte Gen mutiert.
Bei den Sibirischen Huskys wird die PRA X-chromosomal vererbt. Somit erben männliche Nachkommen von an gPRA erkrankten Müttern auf jeden Fall ein defektes X-Chromosom. Da sie kein zweites X- sondern ein Y-Chromosom besitzen, welches den Defekt nicht ausgleichen kann, werden diese Nachkommen stets erkranken. Trägerinnen nur eines defekten X-Chromosoms geben den Gendefekt und somit die Erkrankung mit 50%tiger Wahrscheinlichkeit an die männlichen Nachkommen weiter. Weibliche Nachkommen an XPRA erkrankter Mütter und Väter sind als sichere XPRA-Träger anzusehen (Abbildung: X-chromosomaler Erbgang